Seitdem ich hier in den USA bin und ich mit Leuten vom Land zum Reden komme, habe ich die Angewohnheit immer wieder zu erwähnen wie gerne ich einen Bullen reiten würde, wie bei einem Rodeo. Was aber meinerseits immer wieder nur scherzhaft gemeint war, um das Gespräch etwas anzukurbeln bzw. aufrecht zu erhalten, nahmen Einige ernst. Letzte Woche bekam ich von der Kaari eine Mail, dass sie mich gerne bei ihr zu Hause auf die Ranch einladen würde, so dass ich einen Bullen reiten kann. Die Geschwister Kaari und Stene sind beide in der Heimschule auf der die Sonja Deutsch unterrichtet. Durch Sonja konnte ich beide sowie ihre anderen Schüler der Deutschklasse kennenlernen.
Ich konnte dieses Angebot nicht glauben und fragte mehrmals nach, ob sie dies ernst meine. Ja. In den nächsten Tagen war ich ganz außer Häuschen und verbreitete diese Nachricht an meine Studienkollegen. Was für eine einmalige Möglichkeit! Wo sonst schon kann ich einen echten Bullen reiten? Je näher der Donnerstag kam, desto nervöser und angespannter wurde ich. Einige Studienkollegen erzählten mir Schauergeschichten über Unfälle, die in diesem Sport schon passiert sind. Jedoch konnten diese Geschichten mich von meiner Entscheidung nicht abbringen.
Dann war es soweit, der Donnerstag war gekommen, der Tag, an dem ich herausfinden werde, wer größere Eier hat. Ich oder der Bulle. Meine Sicherheitsausrüstung hatte ich bereits zusammengetragen, welche nur aus meinem Skihelm und meine Fahrradhandschuhe bestand. Warum Fahrradhandschuhe? Nun denn, während meiner Zeit hier ist mir klar geworden, dass die Ausführung einer jeden Aktivität mit dem Tragen von gschmeidigen Fahrradhandschuhen viel besser und professioneller rüber kommt. „Wow, dieser Typ dort drüben, der mit den Handschuhen, der muss ja ein Pro auf dem Longboard sein.“ oder „Wow, siehst du den da drüben mit den Handschuhen? Der auf dem Bullen? Der muss ja schon langjährige Erfahrungen gesammelt haben und ein alter Hase im Rodeo Geschäft sein.“ Um wieder zum Thema zurück zu kehren. Bullen reiten. Mein verknaxtes Knie, was ich mir 2 Tage zuvor bei einem Lauf auf unebenen Wegen auf den Rims zugetragen hatte, war wieder einigermaßen gut geworden und ich war bereit für dieses Abenteuer. Jedoch hatte ich den Fehler gemacht und mir „Bull Riding Accident“ Videos auf YouTube angesehen. Unglaublich wie massiv die Bullen in den Videos waren und was alles mit dem Reiter passieren kann. Der Reiter kann beispielsweise mit seiner Hand im Gurt, der um den Bullen geschnallt ist, stecken bleiben und hinterher geschliffen werden. Ein Anderer wurde vom Bullen übertrampelt. Oder Einer bekam seinen Arm ausgerenkt als der Bull sich im Kreis drehte und sein Arm aber immer noch im Gurt fest hing. Diese Vorbereitung machte mich ziemlich nervös. In den Tagen zuvor hatte ich durch meinen großen Mund erreicht, dass einige meiner Freunde mich begleiten wollten, um mich auf dem Bullen zu sehen. Mein Fanclub bestand aus DJ, Ashley, Bobby, Dave und Marni. Alle kamen mit mir raus zu der Hultgren Familie. Wir hatten einen wunderschönen Tag, jedoch blies der Wind sehr stark.
Wir trafen uns also zusammen auf dem Parkplatz vor Rimview. Sonja holte mich ab und meine Freunde fuhren ihr nach. Es war eine richtige Kolonne mit drei Autos. Die Ranch war in Molt, Montana, eine kleine Stadt gelegen. Dort angekommen stiegen wir aus. Ich bereitete mich vor. Strickte mein Hemd in die Hose und meine Fahrradhandschuhe über meine Hände. An diesem Tag bekam ich das volle Paket. Zuerst ritt ich den noch nicht ganz ausgewachsenen Bullen. Zur Sicherheit trug ich meinen Ski Helm. Meine Freunde vom College, die mich begleiteten , waren sichtlich amüsiert. Ich lies das Ganze auf Video festhalten. Ich saß also auf dem Bullen und dieser fing an herum zu springen. Was für ein Rodeo, im Nachhinein, als ich mir die Videos ansah, realisierte ich, dass der Bulle nur im Kreis herum gerannt ist. Videos können aber nie die Realität so wie man es erlebt hat ganz einfangen. ;)
Danach ging es zur Lasso Station. Herr Hultgren zeigte mir wie man ein Lasso richtig schwingt und wirft. Zuerst trainierte ich an einem Gerüst und dann an einem echten Bullen. Später ließen wir einen Bock aus dem Gehege und versuchten ihn per Lasso einzufangen. Also ich und Bobby liefen dem Bock hinterher mit unseren Lassos hinter her schwingend. Nach einigen erfolglosen Versuchen stieg Stene auf einem Quad und treibte den Bock etwas herum. Dabei versuchte er während der Fahrt den Bock mit einem Lasso einzufangen. Der Bock war aber zu flink. Ich konnte auch nicht mehr laufen, weil mein Knie wieder zu schmerzen begann. Zwei Tage vorher war ich beim Laufen auf den Rims und verknaxte mir dabei mein linkes Knie. Dieses Knie konnte wohl den unebenen Pfad auf den Rims nicht stand halten. Erst als Hank auf dem Quad mit fuhr, konnten sie gemeinsam den Bock per Lasso einfangen. Das war eine witzige Hetzjagd. Als wir den Bock fassen konnten, zeigten mir die Hultgren Töchter wie man einen Bock richtig fesselt. Also beim Geweih packend, mit einem Arm einen Bein des Bock greifend und umwerfen. Dann die Füße zusammen knebeln. Ich machte ein Mascherl. Weiter ging es mit dem Ritt eines Pferdes, was ich aber keinen empfehlen kann. Sobald das Pferd zum Galoppieren anfängt und man selbst auf und ab hüpft, hört der Spaß auf. Definitiv für Männer.
Als krönender Abschluss fuhr ich mit den Hultgren Kindern etwas raus, um schießen zu gehen. Wir schossen in alter Manier auf Dosen. Dabei genossen wir den schönen Sonnenuntergang.
Für die Osterferien ist geplant, dass ich (zum dritten Mal schon) gemeinsam mit D'Jeane, Bobby, Andrew, Carson und Diem nach Moab, Utah fahre. Die Abfahrt ist für den Donnerstag geplant und zurück kommen werden wir wahrscheinlich am Montag abends. Diem hat bereits einen Campingplatz im Canyonland reserviert. Moab befindet sich zwischen dem Arches Nactional Park und dem Canyonland. Bis jetzt besuchte ich nur die Arches und hatte somit noch nicht die Möglichkeit Canyonland zu besuchen. Diem meinte, das Besondere am Canyonland ist, dass man Stunden lang herumwandern kann und selbst dann, man niemals auf andere Leute trifft. Denn Canyonland ist so dermaßen groß, mit unendlich vielen Wegen und Pfaden, dass man einfach nie auf Andere trifft. Anders im Arches National Park, leicht zugänglich und immer voll mit Besuchern (vor allem aus Asien). Diem plant bereits an einer 25 Meilen (ca. 40 km) Wanderung, was einem Marathon gleich kommt. Wird also spannend. Des weiteren ist an diesem Wochenende ein jährlich stattfindendes Rallye, wo Leute mit Geländebuggies im felsigen Canyonland herumfahren. Eine richtige Redneck Veranstaltung. Bin also schon gespannt. Das Wetter dort unten wird ziemlich warm sein, also wie bei uns in Österreich der Hochsommer.
Witzige Begebenheit. Ich habe die Angewohnheit mir ziemlich lange die Zähne zu putzen. Also ich habe eine richtige Prozedur entwickelt, die zwei Durchgänge umfasst. Dafür bin ich auch bei meinen Mitbewohnern bekannt. Heute kam Bjorn herein und sah mich vor dem Spiegel. Wahrscheinlich war mein Gesicht zu einer Grimasse verzogen und etwas Zahnpasta quoll mir aus dem Mund über die Hand. Dabei sagte er: „Wow, Pete, what are you doing? It looks like you are fighting. You against your teeth.“ (übersetzt: „Wow, hey Pete, Was machst du da? Das sieht ja aus als wärst du mitten im Krieg. Du gegen deine Zähne“).
Letzten Samstag sind ich, Ashley und D'Jeane einen Baum hochgeklettert und haben den Sonnenuntergang über den Campus angesehen. War sehr chill. Der Baum war direkt vorm Studentenheim Widenhouse, also wo die ganzen Sophomore wohnen. Lustiger Kommentar von mir: „Three adults, sitting in a tree, everybody with a cup in the hand. I think it is obviously that we are drinking.“ (übersetzt: „Drei Erwachsene, sitzend in einem Baum, jeder mit einem Plastikbecher in der Hand. Ich denke es ist ziemlich offensichtlich, dass wir Trinken“)
Nach dem Sonnenuntergang fuhren wir zu AJ's Haus. Dort hatten wir auf der Terasse ein nettes Feuererchen. (bin drüber sprunga). Dabei grillten wir zwei dicke Steaks, blutig. Die Kohle im Grill fing nicht richtig Feuer bzw. ging immer wieder aus. "If a grill doesn't work in the USA, then we make the grill work.". (übersetzt: wenn in den USA ein Griller nicht funktioniert, daun machen wir ihn funktionierend). Aus diesem Grund holten sie eine Bohrmaschine und bohrten kurzer Hand Luftlöcher in den Griller so dass die Kohle mehr Sauerstoff bekommt. Ein sehr netter Abend mit Feuer und Gitarrenklängen. Wir jammten und improvisierten ein bisschen. Also ich Sang irgendwas daher und improvisierte mit dem Text, was sehr amüsant war.
Das International Food Fest war ein voller Erfolg. Also was meine Schnitzel angeht. Leider konnte ich an diesem Abend nicht anwesend sein, jedoch hörte ich von vielen Seiten, dass meine Schnitzel der Hammer waren. Auch die Weckerln nach Mama-Art haben die Studenten begeistert. Das freut mich ganz besonders, denn ich habe viele, viele Stunden in der Küche verbracht. Besonders für die Schnitzel. Also das ganze Fleisch zu schneiden und flach zu hämmern. Und dann noch in Mehl, Ei und Semmelbrösel tunken. Was für eine Sisyphusarbeit.
Hier ist meine nächstes Design Projekt. Thema. Tattoos. Mein Werk trägt den Titel „Engel zwischen meinen Schulterblättern“.
Tja, das wars mal wieder von mir. Wir sehen uns nach Ostern.
Beste Grüße aus den USA,
Peter