Montag, 7. Februar 2011

Erstes Ski Rennen in Red Lodge


Es ist Abend, ein paar meiner Mitbewohner stehen vorm Spiegel und unterhalten sich, ich gönne mir ein kühles Bier, natürlich im Coozie. Coozie, eines der größten Entdeckungen, die ich hier in den USA bis jetzt gemacht habe. Eine Innovation wie ich es seit Jahren nicht mehr erlebt habe, ein Geniestreich der Ingenieurskunst. Anfangs etwas skeptisch und ein bisschen schüchtern im Umgang mit Coozies, nach einer Weile jedoch voll integriert in meinem Studenten Dasein. Ein kleines, handliches Behälter für Getränkedosen, das den Inhalt der Dose kalt lässt und verhindert dass der Inhalt sich nicht durch direkten Kontakt mit der Hand aufwärmen lässt. Umgedreht kann man auch sagen, dass ein Coozie das frieren der Hand beim umklammern des eisgekühlten Getränkes verhindert. Ein Coozie hält das Getränk kühl und die Hand warm. Ich stoße mit meinem Bier zu meinen Mitbewohnern. Aus dem Nichts heraus fragte mich Dave: „Hey Freshi, bist du betrunken?“ Ich antwortete scherzhaft: „Was! Ist es hier denn verboten sich ein Bier zu gönnen?“. Anton erwiderte: „Ähmm, ja, eigentlich ist es hier in Rimview verboten.“ Gelächter bricht aus.


Da ist mir wieder mal bewusst geworden, wie sehr die amerikanische Kultur sich von der Österreichischen unterscheidet. Alkohol ist ein großer Bestandteil der österreichischen Kultur, man bekommt es überall und man hat es überall, sei es eine kirchliche Festlichkeit, ein Zeltfest, Familientreffen oder jeglicher anderer, öffentlicher Anlass. Vor allem denke ich hier auf akademischer Ebene, wenn ich die Johannes Kepler Universität mit dem Rocky Mountain College vergleiche. Wir haben auf dem Campus jeden Donnerstag ein Mensafest, fast jeden Dienstag spezielle Veranstaltung wie beispielsweise eine Cocktailparty oder eine traditionelle Mostkost. In den umliegenden Studentenheimen sind an all den anderen Tagen unter der Woche zu meist Stockwerksfestln oder andere spezielle Festln im Angebot. Nicht zu vergessen all die Glühwein-Standln am Campus zur Weihnachtszeit. Des weiteren befinden sich auf dem Campus, und das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen, zwei Bars. All das ist hier auf dem Rocky Mountain College undenkbar und wird von meinen Studienkollegen hier in den USA auch mit einem etwas unglaubwürdigen Gesichtsausdruck aufgenommen, wenn ich von diesem „Ort“ erzähle. Natürlich hat dieser Umstand auch mit dem Mindestalter für Alkoholkonsum hier in den USA zu tun. Das Mindestalter für Alkoholkonsum in Österreich ist mit 16 Jahren festgelegt, wogegen in den USA das Alter mit 21 Jahren festgelegt ist. 5 Jahre Unterschied.


Vor zwei Wochen hatte ich mein erstes Ski Rennen in Red Lodge. Am Donnerstag verließen wir in aller Früh das College. In Red Lodge angekommen teilten wir uns auf. Die Mädls hatten ihr Quartier in der Holzhütte von Wolfi, unser Couch, und die Burschen teilten sich drei Zimmer im Hotel Lumpine. Am selben Tag trainierten wir Slalom. Im Hotel zurück angekommen schnappten wir, die Burschen, ein kühles Bier und entspannten im Whirlpool. Danach besuchten wir in einige ortsansässige Bars. Es war ein gemütlicher Abend. Am Freitag war es dann soweit. Der erste Wettbewerb in der Disziplin GS, Grand Slalom. Der Wettbewerb in GS dauert üblicherweise über den ganzen Tag. Angefangen ab 9.15 Uhr, wo die Gates auf der Rennstrecke bereits gesetzt sind und alle Teilnehmer die Strecke inspizieren können. Das heißt, man kann langsam die Piste runter fahren und sich die Strecke und ihre Begebenheiten anschauen. Man hat ein Zeitfenster von einer Stunde für dies. Dann geht das Rennen los, zuerst fahren alle weiblichen Teilnehmer, danach und nach einer halben Stunde Pause, fahren alle männlichen Teilnehmer. Das Ganze geschieht zweimal. Vormittags und Nachmittags. Die bessere Zeit wird dann für die Bewertung herangezogen. Wenn man sich im ersten Rennen disqualifiziert, dann ist man auch automatisch für das zweite Rennen am Nachmittag ausgeschieden. Die ganze Veranstaltung dauert von 9 Uhr bis 16 Uhr. Als Rennfahrer ist man zusammenfassend nur 50 Sekunden im Einsatz (auf der Rennpiste), abhängig wie schnell man die Piste runter saust. Die restliche Zeit verbringt man mit Warten. Die selbe Prozedur wurde auch am Samstag und Sonntag durchgeführt, wo die Disziplin Slalom an der Reihe war. Am Freitag stand das erste Mal bei der Startline, weit oben am Berg, im engen Skianzug. Ich war einer der letzten der an der Reihe war, weil meine Punkte als Rennfahrer ziemlich hoch waren (hoch = schlecht), da ich als Neumitglied der USSA noch keine Chance hatte irgendwelche Punkte zu sammeln konnte, die man nach absolviertem Rennen bekommt. Ich stand da also, es war eisig kalt und ich war einer der Letzten mit der Startnummer 94. Der Nachteil, wenn man als Letzter fährt, ist, dass all die anderen Teilnehmer entlang der Rennstrecke gravierende und tiefe Spuren in den Kurven hinterlassen. Das bedeutet es ist schwieriger die Kontrolle über die Ski zu behalten, wenn die Ski sich quasi in diesen Rillen einklinken und die Fahrspur dadurch vorgegeben wird. Des weiteren war die Piste sehr eisig. Ich bekam das „Go“, und legte einen fulminanten Start hin. Ich brauste davon, der Wind um die Ohren pfeifend. Vorbei am ersten Tor, dann das nächste Tor in einer Linkskurve liegend. Meinen Körper nach links verlagern. Mit dem linken Oberarm das Tor aus dem Weg drücken, um die Skiroute so nah am Tor wie nur möglich legen zu können. Dann eine scharfe Rechtskurve beim dritten Tor. Die Stelle ist etwas vereist und ich komme ein bisschen ins Rutschen, kann aber noch rechtzeitig das Gleichgewicht halten. Boom, Tor aus dem Weg drücken. Für das nächste Tor verlagere ich mich nach Links, Oberkörper gerade halten und mit dem Oberarm und Schulter das Tor wieder aus dem Weg drücken. Boom. Die Uhr läuft.Tick Tack, Tick Tack. Ich habe ein gutes Gefühl. Je mehr Tore ich passiere, desto steiler und vereister wird die Strecke und desto tiefer die Spuren um die Tore der anderen Skifahrer. Beim Umfahren des siebten Tores passiert es. Ich falle und rutsche am nachkommenden Tor vorbei. Meine Ski sind noch immer mit meinen Skischuhe verbunden. Ich hätte aufstehen können, zum verpassten Tor den Berg hinauf wandern und das Rennen weiterführen. Dies wäre nämlich erlaubt gewesen, was ich jedoch zu diesem Zeitpunkt nicht wusste. Also bin ich zum Rand gefahren und habe die Rennstrecke verlassen. Disqualifiziert. Die Schweden legten einen ziemlich gutes Rennen hin und belegten die ersten drei Plätze. Am späten Nachmittag sind wir zum Hotel zurückgekehrt. Bier geschnappt und auf zum Whirlpool.


Am nächsten Tag stand ich schon mit dem falschen Fuß auf, denn ich fühlte mich gar nicht gut. Halsschmerzen und Verkühlung. Die Klimaanlage in unserem Zimmer blies die ganze Nacht über kalte Luft durch das Zimmer, obwohl die Anlage auf warm geschaltet war. Trotz alle dem stand heute das Slalom Rennen auf dem Plan. Die Rennstrecke war voller Pulverschnee, denn es hatte in der Nacht zuvor sehr viel geschneit. Keine gute Bedingung um scharfe Kurven zu fahren. Weiters herrschte ein ziemliches Unwetter, der Wind blies, die Rennstrecke war unter dem Pulverschnee sehr vereist und die Strecke der männlichen Teilnehmen führte über steile Kurven direkt neben den Wald. Bei einem Sturz wäre es also nicht unwahrscheinlich sich selbst um einen Baum zu wickeln. Ich wartete der nebenbei anliegenden Hütte und wartete bis zur letzten Minute bis meine Startnummer an der Reihe war. Es hatte bestimmt Minus 10 Grad Celsius und der Wind wirbelte den Schnee im Zickzack herum. Sogar die Lifte stoppten ein paar Mal für einige Minuten, wenn der Wind zu stark war und die Sessel zu arg schaukeln lies. Dann war es soweit. Ich wieder an der Startlinie, wartend auf das Go. GO! Ich legte wieder einen wunderschönen Start hin. Die Kurven waren enger, die Strecke mehr vereist als am Vortag. Ich schaffte es bis zum 8. Tor. Die stark vereiste Kurve beim 9. Tor machte es mir fast unmöglich ein Kurve hinzulegen. Ich rutsche über die Eisfläche und fiel. Dieses Mal verlor ich meine Ski und rutschte einige Meter bis ich zum Stillstand kam. Disqualifiziert. Da es sich hierbei um das Rennen am Vormittag handelte, war ich durch die Disqualifikation vom zweiten Rennen am Nachmittag befreit. Ich lies mich frühzeitig zum Hotel zurück fahren, trank etwas Hustensaft und legte mich schlafen.

Am Abend fühlte ich mich schon viel besser, aber immer noch etwas kränklich. In dieser Nacht gingen wir alle aus, denn viele Freunde aus dem College waren ebenfalls in Red Lodge, um mit uns zu feiern. Die Stammbar der Ski Teams, genannt „Snow Creek“, hatte ihre Pforten für immer verschlossen. Also mussten wir uns eine neue Stammbar suchen. Wir gingen in den Bull & Bear Saloon. Diese Bar war bis zum Rand gefüllt mit all den Teilnehmern des Ski Rennens. Wir waren einen Tag zuvor in dieser Bar, die ziemlich leer war. Aber heute, gefüllt mit motivierten jungen Leuten. Der Barbesitzer hatte diese Menschenmenge wohl nicht erwartet, denn normalerweise ist SnowCreek, die Stammbar für all Ski Rennfahrer. SnowCreek hatte jedoch geschlossen und wir mussten eine neue Stammbar suchen. Bull & Bear Saloon war ein Volltreffer. Ein Pincher of Beer für 5 Dollar. Beinahe jeder rannte mit einem Pincher (ungefähr die Größe zwischen einem Mass und einem Doppelmass) herum. Und wenn du mit einem leeren Becher unterwegs warst und du jemandem mit einem Pincher passiert, dann wurde dein Becher ohne zu fragen aufgefüllt. Es war ne Mordsstimmung und der Barbesitzer plus Frau hatten alle Hänge voll zu tun. Ich wette sie hatten in dieser Nacht ein größeres Geschäft gemacht als all die restlichen Tage im Jahr zusammengezählt. Der Besitzer der Bar erinnerte mich an Papa, da dieselbe Statur und Vollbart hatte wie Papa. Um 2 schloss die Bar und wir alle gingen nach Hause. Natürlich boten wir unseren Freunden, die extra nah Red Lodge gekommen sind, unser Hotel als Schlafplatz an. In unserem Zimmer schliefen 11 Leute. 3 Leute im ersten Bett. 2 Leute im zweiten Bett. 6 Leute am Boden verteilt. Es war ziemlich eng, Einer erbrach am Klo für eine Stunde, die Wände waren sehr dünn. Am nächsten Tag am Morgen, es war verdammt heiß im Zimmer. Soviel Körperwärme konzentriert in einem Raum.

Es war Sonntag, das 2. Slalom Rennen stand am Programm. Ich fühlte mich gar nicht gut und meine Halsschmerzen waren schlimmer geworden. Also bin ich mit Andrew zurück nach Billings gefahren. Mein erstes Rennen. Ein Desaster, was meine Disqualifikation angeht. Dennoch ein Erfolg für mich, wenn ich daran denke, dass noch nie zuvor ein Rennen gefahren bin und ich mich während des Trainings in Red Lodge die Lernkurve steil hinaufgefahren bin. Mein nächstes und letztes Rennen wird in Missoula sein.


Der Alltag ist eingekehrt. Seit den Weihnachtsferien habe ich bezüglich des Fotografierens ziemlich nachgelassen, da es seit Weihnachten auch nicht wirklich vieles zu erleben gab. Ich habe viel Zeit in meinen Bewerbungsschreiben investiert. 17 Bewerbungen an 17 U.S. Firmen. Jetzt heißt es abwarten. Eventuell kann mich Andrew's Vater in die Firma einer seiner vielen Geschäftskontakte reinbringen.

Das Wetter ist in den letzten 3 Tagen am absoluten Tiefpunkt angekommen mit unglaublichen 25 Grad Celsius im Minus. Unsere Haupttür zu unserer Apartment ist von innen vereist/gefroren. Ja, dicht ist hier im Apartment gar nichts. Wenn ich beim Fester sitze, dann kann ich es regelrecht spüren wie ein kalter Wind rein strömt. Unsere Klimaanlage läuft auf Hochtouren.









Übrigens, die Poster für das Ski Team sind schon seit Wochen fertig.

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