Weiter geht es mit der Orientierungswoche. Heute stand die Busfahrt zum Camp auf dem Programm. Nachdem alle Erstsemestrigen und wir unser mit Namensschildern versehenes Gepäck in einem Transporter luden, ging es mit sieben typisch-amerikanischen Schulbusen auf ins Camp.
Das Camp befand sich mitten in den Rocky Mountains, umgeben vom dichten Wald und prachtvollen Bergen, der perfekte Lebensraum für Grizzly Bären. Im Camp selbst gab es Holzhütten, in denen wir zugeteilt wurden. Neben den Holzhütten gab es einige Freizeitanlagen wie zum Beispiel vier Basketballfelder im Freien, einen Beachvolleyballplatz, eine große Wiese für Fußball oder Football, einer kleinen Minigolfanlage und zahlreiche Spielplätze mit Schaukel, Rutschen, das volle Programm eben. Ich tobte mich natürlich die meiste Zeit beim Volleyball mit bis zu 14 Spielern auf einmal aus. Das Spiel war eher nebensächlich, Hauptsache Spaß und das Kennenlernen neuer Leute. Ich selbst hatte wiedermal das Glück mit zwei Gruppenleiter einer schmucken Holzhütte zugeteilt zu werden, während die meisten Freshmen in 20-Personen-Holzhütten untergebracht wurden. Das Camp schien übrigens ein christliches Camp gewesen zu sein, denn im Mitten des Camps stand eine alte Mission des neu entdeckten Amerika. Eigenartig erschien mir auch die einzelnen Stationen der Minigolfanlage. Denn für jede Station wurde eine Art biblisches Ereignis in Modellform nachgebaut, wie beispielsweise „Daniel in the Lion's Den“. Weiters befanden sich auch überall Schilder mit christlichen Sprüchen zitiert. Bestätigung für meine Annahme bekam ich dann, als sich Anton während einem Gruppenspiel wo angeschlagen hatte und laut Fluchte, „Fuck!“. Darauf hin wurde er mit verständnislosen Blicken gelöchert und der Gruppenleiter machte uns Aufmerksam, dass wir hier im Camp nicht fluchen sollten, weil es sich um ein christliches Camp handelt. Eines der Spielplätze wurde als Raucherplatz verwendet. :D
Das Tagesprogramm bestand hauptsächlich aus Spielen zur Gruppenbildung (man befand sich wieder in der selben Gruppe, wie die Gruppeneinteilung am Dienstag war) abwechselnd mit einer Art Unterricht, wo hauptsächlich über Zusammenhalt und andere gemeinschaftsbildende Sachen gesprochen wurde. Die meisten dieser Spiele dienten dazu, dass man spielend die Namen der Gruppenmitglieder lernt. Das Abendprogramm beinhaltete immer eine Art Show in der Mission und einem gemütlichen Lagerfeuer danach. Heute trat ein Comedian auf, der mit seinen lustigen Parodien von Musikern und Witzen, das Publikum zum Kochen brachte. Danach konnte man entweder an einer Nachtwanderung teilnehmen, oder es sich vor einem großen Lagerfeuer gemütlich machen. Ich nahm an der Nachtwanderung teil, was irgendwie in die Hose ging. Zum einen war es Stockdunkel und der Pfad im Wald war gatschig und nass. Nach einer Weile konnten wir nicht mehr weiter gehen, weil mitten im dichten Wald anscheinend ein Grizzly Bär lauerte. Also sind wir umgekehrt und einen anderen Weg gegangen. Der Höhepunkt der Wanderung war wohl auf dem Hügel, wovon man einen wunderschönen Blick zu den Sternen hatte. Ja. Grizzly Bären haben ihren natürlichen Lebensraum vor allem im Norden Amerikas und leben auch in den Rocky Mountains. Laut Erzählungen drang letztes Jahr sogar eines dieser bis zu 4m (stehend) großen, 700kg schweren Kreaturen ins Camp ein.
Ich fand dieses Camp großartig, weil es einem leicht gemacht wurde, andere neue Leute kennen zu lernen. An diesem Tag hab ich sicherlich bis zu 50 Studenten kennengelernt und leicht bis zu 50 mal die selben Fragen wie z.B. „Wie heißt du?“, „Woher kommst du?“, „Warum bist du zu den Rocky Mountains gekommen?“, „Wie gefällt es dir hier?“, usw..., beantworten. Obwohl bis jetzt alle Amis, mit denen ich geredet habe sehr freundlich sind und offen, muss ich zugegebenermaßen sagen, dass es für mich sehr anstrengend war, immer ein gleich freundliches Gesicht zu machen und bei meinen Antworten enthusiastisch zu bleiben. Die Amerikaner kommen auf einem direkt zu und beginnen ein Gespräch, einfach deshalb, weil sie neugierig sind und Europäer selten zu sehen kriegen. Der kulturelle Unterschied zwischen der USA und Europäer ist ja doch gravierend. Ab und zu war die ständige, redundante Fragerei echt nervend, aber ich versuchte immer freundlich zu sein.
Freitag
Das heutige Programm änderte sich nicht sonderlich vom gestrigen Tagesablauf. Es wurden weiterhin, verschiedenste Spiele gemacht, die die einzelnen Gruppen untereinander näher bringen sollten. Das Abendprogramm war heute echt ein Hammer. Sowas hab ich bei uns in Österreich noch nicht gesehen. Ein Hypnotiseur kam ins Camp und trat auf der Bühne in der Mission auf. Er hypnotisierte ca. 20 Studenten und ließ sie allerhand Dinge machen. Als Erstes ließ er die Studenten glauben, dass sie sich in einer kalten Umgebung befinden, was dazuführte, dass die Studenten sehr, sehr eng, Betonung auf „eng“ zusammen kuschelten. Dann erzählte er eine Geschichte, die bei den hypnotisierten Studenten alle möglichen Emotionen ausbrechen ließ. Aus einem Gürtel machte er eine Schlange, wovor alle echt schiss hatten, einige verwandelte er in Hunde, die Kunststücke machten. Der Höhepunkt war wohl ganz am Schluss, wo er die Studenten glauben ließ, dass sie sich in der Talk Show von Jerry Springer befinden und fragte sie, warum sie in der Show sind. Da kamen echt lustige Kommentare von „Brandon betätigt beim Klo die Spülung nie“ über „Rob trägt immer eine hässliche Mütze, die echt peinlich ist“ bis hin zu „meine Freundin is a Schlampe, weil sie auf meinen Freund steht“. Dann drehte der Hypnotiseur ihre Geschlechter um, so dass die Burschen glaubten, sie seien weiblich, und die Mädels, sie seien männlich, und machte mit jeden ein kleines Interview. Was noch genial war als er die Studenten glauben ließ, dass er selbst ein nackter Mann sei. Und die angewiderten Gesichtsausdrücke der Burschen als er sich bückte, echt genial. Und die aufgegeilten Gesichter der Burschen und die gleichgültigen Gesichter der Mädels als er sie glauben ließ er sei eine heiße, nackte Frau. Danach wurde in der Mission Musik aufgelegt, wo ich den Amis meine europäischen Tanzkünste für House/Techno näher brachte (die House/Techno Kultur gibt es fast nur in Europa, für Amerikaner ist das ein Phänomen, denn hier hören sie ausschließlich Country, Rock, Pop oder Hip Hop, aber KEIN House oder Techno). Nach diesem Kulturaustausch setzte ich meine Conversation Tour rund um das Lagerfeuer fort. Und ich habe heute wieder unzählige interessante Persönlichkeiten kennengelernt, an die Namen kann ich mich leider nicht mehr Erinnern, des ist echt schlimm.
Samstag
Heute war der absolute Höhepunkt des Campingausfluges. Es gab drei Aktivitäten zur Auswahl: Wanderung zu einer Höhle mit Wandmalerei, eine 15 Meilen (ca. 24 km) Rafting Tour durch einen naheliegenden Fluß oder ein Pick-Nick. Ich machte die Rafting Tour. Die Fahrt dauerte sicherlich 5 Stunden unter brennender Sonne. Nach einem Gruppenfote am Fluß wurden „Water Guns“ verteilt. Dabei handelt es sich um Mega Wasserpistolen. Damit gab es anfangs zwischen den Schlauchbooten eine wilde Wasserschlacht, was voi vü Spaß machte. Nach einige Zeit chillten wir einfach nur dahin. Der Fluss war größtenteils sehr ruhig, man konnte hinein springen und neben dem Boot her schwimmen, aber auch wilde Wasserstellen gab es. Während der Tour kamen wir sogar an einem Waldbrand der gerade Ausbrach vorbei. Der Wald befand sich direkt neben den Fluss und man hatte ein gute Sicht auf das Feuer. Als ich fragte, wo denn die Feuerwehr bleibt, erklärten mir die Amis, dass es sich hierbei um einen kleinen Waldbrand handelt und es sich einfach nicht auszahlt dafür die Feuerwehr ausrücken zu lassen. Auf der Fahrt sah ich viele solcher ausgebrannten Wälder, was hier in der Gegend wohl normal ist. Nach der Rafting Tour sah ich wohl aus wie ein Krebs, denn ich hatte überall einen gscheitn Sonnenbrand (den hab ich jetzt noch). Mit den Schulbussen fuhren wir dann wieder direkt zurück zum College. Ich war froh wieder zu Hause zu sein und ging erstmals duschen. Am Abend wäre es in Billings im „Sunset Bowling Center“ mit dem Orientierungsprogramm noch weiter gegangen. Und zwar mit „Free Pizza and free bowling“. Da war ich aber nur kurz, denn ich hatte für diesen Abend mit Anton und anderen Leuten aus dem Ski Racing Team noch andere Pläne. Nämlich meine erste typisch-amerikanische Hausparty, was echt der Hammer war. Dort lernte ich einige Trinkspiele kennen, bei denen ich gleich meine österreichische Trinkfestigkeit unter Beweis stellen konnte. ;-) … und natürlich viele neue Leute.
Zusammenfassend muss ich sagen, dass dieses Camp wie ein Jungschar Lager bei uns zu Hause warf nur eben mit lauter Studenten. Heute (Sonntag), wäre es mit dem Orientierungsprogramm mit einem abendlichen BBQ und Live Musik noch weiter gegangen, was aber irgendwie an mir vorbeigegangen ist. Heute stand für mich eher Entspannung auf dem Programm. Die kommende Woche wird etwas anstrengend sein, weil ich neben meinen ersten Kursen auf diesem College noch meine kleine BakkArbeit fertig schreiben muss. Also. Schöne Grüße nach Österreich.
Best Regards,
Peter Frech